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KapVerde | Sao Vicente

Wohlfühlathmo – alles funktioniert, der Flieger ist pünktlich, ein neuer Stempel im Pass, mit dem Taxi zum Hotel, dort wunderbar freundlicher Empfang, aber doch irgendwie verloren. Nach der intensiven Woche mit Hanna muss ich mich daran gewöhnen, allein zu sein. Der Flughafen ist inselgerecht, miniklein, wir sind auf einer Vulkaninsel. Das Städtchen ist übersichtlich, schnell erkundet, aber morgen wird tiefer geschaut, heute bin ich faul und esse im Hotel köstlichst Salat und Curryhühnchen. Kapverdische Musik überall, wir sind in der Heimat Cesara Evoras.

Die Stadterkundung fängt mit dem Markt an, sehr afrikanisch bunt, ich kaufe einer begeisterten Verkäuferin gleich zwei Körbe ab, immer wieder gern gesehen als Geschenk und begebe mich dann auf die Pfade Cesaria Evoras. Sie stammt aus Mindelo und hat die kapverdische Musik international bekannt gemacht. Im Museum wird ihr gehuldigt, sie war früh schon berühmt, verfiel dann dem Alkohol, spielte Jahre nicht und wurde auch international berühmt, als sie abstinent wieder auf die Bühne ging. Was für Geschichten. In den Lokalen werden ihre Hits aus und ab geschmettert. Das Treiben ist laut, wenig Touristen unterwegs, am Fischmarkt fliegen die Schuppen, während es beim Obst und Gemüse entspannter zugeht. Nächste Station der Laden für das Kunsthandwerk, da muss ich mit dem Platz im Rucksack haushalten.

So vergeht der Vormittag und ich lande in meinem jetzigen Favoriten, der Bar „La Pergola“, ein schattiger Innenhof, überdacht mit einer Pergola aus Strohmatten, kaum Besucher, ein kühles Getränk, verweilen.

Bei 28 Grad empfiehlt sich eine „Siesta“, vorher habe ich noch einen Tisch an der Marina gebucht, ganz am Ende auf einer Plattform schaukelt ein Restaurant, eine Empfehlung der Chefin meines Hotels. Das Hotel CasaMarel ist sowieso DIE Empfehlung! Fünf Minuten Fußweg, sehr ruhig auf dem Hügel, fantastische Aussicht, sehr hilfsbereites Personal und die Zimmer sind auch noch spitze!

Gegen 19:00 Uhr dann im Restaurant, man ist überrascht, dass ich allein komme und stellt noch den Tisch bereit, genau vor der Bühne. Das Essen ist nicht berauschend, der Fisch zu trocken, das Curry Ok. Die Band baut auf und als die zum Soundcheck „Hotel California“ anspielen will ich schon flüchten, aber dann wird es doch dem Abend entsprechend, kapverdische Musik, leicht melancholisch (Insel!), voller Sehnsucht (weg von der Insel) und doch klar und selbstbewusst (wir lieben die Insel!). Das Publikum besteht aus einheimischen Fans der Band, interessierten Touristen (das bin eigentlich nur ich) und besoffenen Seglern, die schon mehrere Flaschen hochprozentiges im roten Gesicht haben.

Nach der zweiten Pause mache ich mich auf den Weg zu einer anderen Location, so direkt vor der Bühne wird es auf die Dauer zu laut. Ich schaue ins berühmte „Cafe Mindelo“, da prügelt nur ein armer Gitarrist die Saiten, gehe weiter, wo angeblich seit 1 Stunde eine tolle Band auftreten soll, Pustekuchen! Lande dann doch wieder im „La Pergola“. Drei gutgelaunte Musiker singen traditionale Lieder, zwei Gitarren und Schlagwerk. Ganz wunderbar, nur ab und an sollten die Jungs mal die Gitarren stimmen.

Weil das meine Lieblingsbar geworden ist (nach 2 Tagen!) sitze ich heute wieder hier, nach 17km Strandwanderung von Salamansa nach Calhau. Pünktlich um 8:30 stand mein Fahrer vor der Tür, der mich des Nachmittags auch wieder von Calhau abgeholt hat. Überhaupt ein großes Lob! Alle sind überaus freundlich, trotz massiver Sprachbarrieren funktioniert die Kommunikation, auf dem Rückweg sind Frau und Sohn mit im Auto, alles wie in Familie.

Die Strandwanderung gleicht einer Mondwanderung. Der Norden ist reinstes Basalt- Vulkangestein, der Versuch hier am Weg Palmen zu pflanzen musste grandios scheitern. Natürlich bin ich die 17km allein, niemand kommt auf die Idee in dieser Wüste, bei diesen Temperaturen, zu wandern. Die ersten Minuten frage ich mich auch, was ich hier tue, aber mit jedem Schritt wird die Faszination der Landschaft deutlicher, das Meer rauscht, den höchsten Berg der Insel zur rechten (730m) genieße ich die Blicke, die Einsamkeit, die verwitterte Umgebung, zu Stein gewordene Dünen. Zwischendurch wird es anstrengend, ich komme auf die Idee, Barfuß zu laufen, die Brandung treibt mich zurück auf den Sand, der aber ist höllisch heiß, so hüpfe ich zur nächsten Welle, die Füße abzukühlen. Das geht so weiter, bis ich einen Platz finde, die Füße vom Sand zu befreien und mit Strumpf und Schuh zu überziehen. Laut Reiseführer ist „Baia das Gatas“ die Badewanne der Einheimischen, die gerade am Wochenende den Strand bevölkern. Der Strand ist heute (Samstag!) aber 99,8% der meine! Wo nur all die Einheimischen abgeblieben sind. Dafür tauche ich kurz ins kühle Nass, meine neue Badewanne!

Nach 5 Stunden sitze ich im verabredeten Restaurant „Hamburg“ in Calhau, das ist mitten im Nirgendwo rappelvoll. Wieder im Hotel, späte Siesta und auf ins “La Pergola” im Hotel ist heute eine Trauung. Alle Leute wunderbar rausgeputzt und ein Kitsch vor dem Herrn!

Kleiner Nachtrag: Jetzt kurz vor 21:00 Uhr bin ich der einzig übriggebliebene im “La Pergola” und es ist Samstagabend! Noch fehlen die Tourist:innen, Corona und die Krisen dieser Welt halten viele vom Reisen ab. Die Band aber spielt weiter mit großer Freude! Das sind halt echte Profis!