Dienstag, 10.05. Anna kommt aus Sofia, eine Woche werden wir gemeinsam Berlin und Potsdam erkunden und uns eine gute Zeit schenken. Die Welt kommt aus ihren Krisen nicht heraus und wir gehören dazu. Es wäre schön, wenn Anna mit ihrer Familie bei uns leben könnte, im März sind sie aus Odessa nach Sofia geflohen. Die Wohnung in Sofia bleibt aber befristet und so schlingern sie im Wahnsinn der Welt.
Für die Woche aber soll Anna lächeln und mehr will ich gar nicht erwarten.
Pünktlich landet der Flieger am BER, Anna reist mit leichtem Gepäck, ein kleiner Rucksack reicht für die Woche, der Wettergott ist freundlich und sagt Sonne voraus. Wir chillen ein wenig, dann geht es zum Einkauf mit Stadt- und Burgbesichtigung in die Stadt. So viel gibt es in Bad Belzig nicht zu sehen, allein die friedliche Stille wirkt beruhigend auf unser Gemüt. Zu viele schreckliche Nachrichten in unserem Kopf. Am Abend gibt es Spargel und Pläne für den Mittwoch in Berlin.
Mittwoch, 11.05. Berlin, die MegaZentrumsTour … Wir steigen am Bahnhof Zoo aus, laufen zur Gedächtniskirche, immer wieder faszinierend der Unterschied, außen grauer Beton der 50er, die Architektur lässt aber erahnen, dass dies nicht alles ist. Drinnen dann ein Meer aus Blau, wir sitzen einige Minuten und lassen die Farbe aus uns wirken. Weiter zum 100er Bus in Richtung Berlin-Mitte, Ausstieg und Aufstieg Siegessäule. Den Blick in Richtung Brandenburger Tor, Rotes Rathaus, Potsdamer Platz. Berlin zu unseren Füßen.
Der 100er Bus ersetzt uns die Touri-Tour, wir fahren zum Alex durch – Reichstag, Brandenburger Tor, Parlament lassen wir noch links liegen. Am Alex gibt es Fotoshooting am Neptunbrunnen, eine Nixe lässt sich ablichten und sie wird bestimmt frieren, wenn das Shooting beendet ist. Wir bleiben trocken und erfreuen uns am Leben der Stadt. Eine Pause am Restaurant am Fernsehturm, gar nicht so schlecht, wie die touristische Lage erwarten ließe. Wir haben einen asiatischen Salat mit Hühnchen, recht lecker. Anna ist glücklich, das erste Mal in D, das erste Mal in Berlin. Wir versuchen zwar den Krieg als Gesprächsthema zu vermeiden, aber es ist zu präsent, wir kommen irgendwo immer wieder darauf zurück. Im Augenblick scheint es keinen Weg zu geben. Aus Freunden sind Feinde geworden, wir stehen noch immer fassungslos, obwohl schon seit 2014 einiges anders ist.
Dann aber die Ausstellung Renaissance in der Parochialkirche. Leider habe ich nicht gesehen, dass der Eintritt für Ukrainer:innen kostenfrei ist, aber die Ausstellung ist jede Spende wert. Ein hervorragender AudioGuide führt uns durch die Highlights von da Vinci, Raffaelo, Michelangelo. Als Abwechslung wunderbare Klang- und Videoinstallationen. Anna hat gleich die Idee das Bild „die Verleumdung des Apelles“ von Botticelli als Hausaufgabe zu verwenden. Interpretieren und diskutieren auf russisch. Das wird ja was!
Nach über 2 Stunden in der Ausstellung sind wir müde und genießen den Weg zum Nikolaiviertel, die Nikolaikirche, ein Blick in das neue Humboldtforum, der Berliner Dom, langsam nähern wir uns dem Brandenburger Tor. Vorher aber nochmal eine Stärkung mit typisch Berliner Gerichten, Sülze – Anna ist sehr mutig! Am Brandenburger Tor wird fotografiert, was die Speicherkarten hergeben, es ist zwar kein 100% Fotowetter, aber das ist egal.
Wir schlendern weiter zum Reichstag und tauen langsam auf, mein aktives Russisch ist für so richtig tiefgründige Gespräche zu schlecht und so lass ich lieber Anna erzählen. Nach guten 12 Stunden Berlin fallen wir in Bad Belzig nur noch ins Bett.